Da ich ein großer Fan von Comicbüchern bin (insbesondere derer aus dem DC-Verlag), gab es ein „Must see“ für mich: „Aquaman“
Ich glaube eigentlich, dass es in den letzten Jahren viel zu viele Verfilmung von Comics gab. Ich zähle Christopher Nolans „Dark Knight“-Trilogie nicht mit. Sie basiert zwar auch auf Comics, ist aber anders. Sie erzählt eine Geschichte. Ich rede vor allem von den actionlastigen Marvel-Verfilmungen und dem nicht weniger auf Action ausgerichteten Versuch von DC, das eigene Universum auf die Leinwand zu bringen. Es ist ziemlich viel und hört nicht auf. Tatsächlich denke ich, es ist genug.
Dennoch musst ich „Aquaman“ sehen. Aquaman ist eine DC-Figur und die eine Sache, die DC (meiner Meinung nach) besser macht als Marvel, sind die Charaktere. Ich erwartete bei alldem nicht zu viel. Eine Kollegin und ich kamen im Vorfeld überein, dass „Aquaman“ Popcornkino ist. Und… Genau das ist es.
Kurze Geschichte lang erzählt
Arthur Curry, Sohn einer atlantischen Königin und eines einfachen Sterblichen, wächst ohne seine Mutter auf, weil die Königin zum Wohle ihres Sohnes und ihres Gatten in die Unterwasserwelt zurückkehren muss. Später nach den Ereignissen von „Justice League“ und dem Sieg über Steppenwolf wird Arthur ein Held und muss zudem noch den Thron von Atlantis besteigen. Gegen seinen Willen. Für die Unterwasserwelt wie zum Wohle der Menschheit.
Natürlich ist Aquaman erfolgreich. Und ja, er findet seine Mutter wieder. Es ist Hollywood und es ist ein Comic. Hollywood funktioniert so.
Trotzdem läuft der Film fast 2 ½ Stunden. Recht lange für eine „Standardstory“. Es dauerte aber auch lange, bis die eigentliche Geschichte begann. Zuerst musste der Protagonist der Welt erzählen, wie sein Vater seine Mutter traf. Er musst die Mannschaft eines gekaperten U-Bootes retten, nachdem er das Schiff mit bloßen Händen an die Oberfläche hob (Bitte fragt nicht, wann er die Ballasttanks leerte, damit es auf dem Wasser schwimmt!) und ein oder zwei Drinks mit seinem Vater nehmen (nebst wilden Selfies mit irgendwelchen Typen). Und in der Zwischenzeit musste Aquamans Halbbruder Orm, amtierender König von Atlantis, einen Krieg gegen die Oberfläche anzetteln.
Ich kann „Aquaman“ nicht ohne Kritik gehen lassen. Dieser erste Part des Films war für meinen Geschmack zu schnell, bestand aus zu vielen kurzen Szenen. Für mich hätte dieser Teil von „Aquaman“ auch Fast & Furious oder etwas in dieser Art sein können. Es mag die Handschrift des Regisseurs James Wan (Fast & Furious 7) sein. Dasselbe Problem hatte auch bei Star Trek Beyond, das auch unter der Hand eines Fast & Furious-Regisseurs – Justin Lin – entstand. Der Anfang war eine lange Geschichte, die in eine zu kurze Zeit gequetscht aber nicht kurz erzählt wurde. Weniger wäre mehr gewesen.
Ich neige dazu, Filme zu vergleichen. Vor allem Filme, die miteinander verknüpft sind. Im Fall von „Aquaman“ ist „Man of Steel“ die Referenz. Was der Superman-Film besser machte, war die Origin-Story, die in Rückblenden erzählt wurde. Dadurch zog sich die eigentliche Geschichte durch den gesamten Film, nur hin und wieder durch Erinnerungen Kal Els unterbrochen. Und diese Rückblenden gaben dem Publikum etwas Zeit zum Luft holen. Bei „Aquaman“ musste man dranbleiben, um nicht etwas zu verpassen, das später wichtig sein könnte. Die Vergangenheit in Rückblenden zu erzählen, hätte mehr Zeit für Orm gebracht und für die Geschichte einiger Nebenfiguren wie Vulko, der als oberster Wissenschaftsberater des Atlantischen Throns im Aquaman-Universum eigentlich eine wichtige Persönlichkeit ist.
Wenn ich über Figuren mit zu wenig Screen time spreche, bringt mich das auf einen weiteren Charakter, der verstörend wenig Zeit erhielt: Black Manta, Aquamans Nemesis. Seine Herkunft wurde berichtet und er hatte einen kleinen Augenblick, in dem er gegen Aquaman kämpfte. Ich hätte mir mehr von ihm gewünscht. Aber vielleicht kommt das ja in „Aquaman 2“.
Aber schließlich kam die zweite Hälfte der Geschichte, die Suche nach König Atlans Dreizack. Immer noch voller Action wurde das Tempo ein bisschen aus der Geschichte herausgenommen. Es war leichter, der Geschichte zu folgen, die zu einem Mix aus Indiana Jones, Conan der Barbar und der Arthussage wurde. Bleibt die Frage: Ist es Zufall, dass Aquamans Name Arthur Curry ist? Ist es nur eine Koinzidenz, dass der eine Mann, der würdig ist, eine legendäre Waffe zu führen, nach dem König von Camelot benannt ist? Nein, bitte antwortet nicht. Ich weiß, dass es erzählt wird, will aber nicht spoilern. Oder habe ich das schon getan?
Auf jeden Fall ist die zweite Hälfte des Films eine geradlinig erzählte Geschichte, eine Reise mit nicht zu vielen Stationen. Wie Indiana Jones lüften Aquaman und seine rothaarige Begleiterin Mera das Geheimnis des Verbleibs des Dreizacks. Wie Conan bekämpft der König in spe erst Black Manta, dann Monster und schließlich seinen Halbbruder. Und wie König Arthus gelangt er schließlich in den Besitz der legendären Waffe, die ihn als den rechtmäßigen König ausweist, ihm die Befehlsgewalt über seine Armee verschafft und ihm schließlich zum Sieg über seinen Feind verhilft. Dieser Teil der Geschichte, so leichtfüßig er erzählt wird, baut eine Spannung auf, die wächst und wächst und sich schließlich am Ende entlädt.
Am Ende bilden beide Teile des Films ein Ganzes, das gut funktioniert. Die Schwächen des Anfangs werden am Ende weggewaschen. Löcher im Plot spielen keine wirkliche Rolle. Und wenn man aufhört, zu viel nachzudenken, fragt man sich nicht, warum das U-Boot eigentlich noch einsatzbereit ist, wo doch Aquaman eine Luke rausgerissen hat, um das Boot zu betreten.
Gut gespielt und nicht so gut verjüngt
Es ist nicht einfach, Comics in einen Film zu verwandeln. Ein Buch fordert immer die Phantasie des Lesers heraus. Wie sehen Dinge und Personen aus? Ein Comic gibt uns Bilder und die Macher eines Films müssen diese Optik treffen.
Der Aquaman aus dem Film ist anders als der im Comic. Er ist nicht blond und er ist ernster. Das wiederum tut ihm gut und Jason Momoa findet genau die richtige Mischung aus Grummeln, Ernsthaftigkeit und Humor. Und Heldentum. In den letzten Jahren gab es nicht vielen Schauspieler mit Momoas Maskulinität. In diesem Punkt liegt DC vor Marvel. Chris Hemsworth‘ Thor kommt dem nahe, erreicht Aquaman aber nicht. Temuera Morrison kann mithalten. Das ist aber nicht verwunderlich. Seine Figur in „Aquaman“ ist Arthurs Vater.
Ein weiterer bemerkenswerter Darsteller ist Willem Dafoe. So kurz seine Zeit auf der Leinwand auch ist, er trägt das Gewicht dieses Teils gut. Er ist nicht der große Krieger sondern der Weise. Und er spielt den Weisen nicht nur. Sein Vulko widmet sich glaubhaft dem Thron, seiner Aufgabe und Arthur. Ich wünschte, diese Figur hätte einen größeren Anteil an der Geschichte gehabt.
Aber das ist auch schon das ganze bemerkenswerte Spiel. Niemand war schlecht, jeder spielte gut aber nicht Oscar-reif. Nur eine Sache war noch störend: die „junge“ Nicole Kidman
Natürlich ist Frau Kidman nicht mehr in den Zwanzigern. Das Problem ist die Art, wie sie verjüngt wurde. Es war keine Maske, es war CGI. Solche CGI funktionierte schon in „Tron Legacy“ nicht und es funktioniert auch hier nicht, obwohl es schon besser aussah als bei Jeff Bridges.
Die „Verjüngung“ der Nicole Kidman war dann auch schlechteste Spezialeffekt des Films, denn er war allzu sichtbar. Der Rest, sei es die Unterwasserwelt, seien es die Kreaturen, sei es der Umstand, dass die Stimmen unter Wasser so verzerrt waren, wie ich es in der Wirklichkeit erwarten würde, waren hervorragend. Kein visueller Effekt erschien unrealistisch. Zumindest nicht im Kontext der Geschichte.
Zusammengefasst…
„Aquaman“ ist ganz offensichtlich kein großes Kunstkino. Aber er ist es wert, gesehen zu werden.
Ihr solltet, das sagte ich schon, nicht zu viel nachdenken. Es gibt Löcher und Schwächen und unlogische Dinge (Erwähnte ich schon die Sache mit dem U-Boot?). Die beste Art, „Aquaman“ zu sehen, ist einen XXL-Eimer Popcorn zu nehmen, sich zurückzulehnen und den Film einfach laufen zu lassen.
Nebenbei ist „Aquaman“ ein Film für Frauen. Zumindest meine Kolleginnen erfreuten sich Momoas Körper. Also meine Freunde, die ihr männlichen Geschlechts seid, nehmt eure Gattin oder Freundin und habt Spaß im Kino. Ihr seht gut gemachte Action und eure Frau/Verlobte/Freundin… Nun… Ihr wisst schon.
Action: | (4,0 / 5) |
Visualisierung: | (4,0 / 5) |
Spaß: | (5,0 / 5) |
Durchschnitt: | (4,3 / 5) |